"Das kleine Buch Weisheit"
hat mich über Freunde gefunden. Meine Liebe zur niederländischen Sprache sollte sich in der Übersetzung einer Geschichte dieses Buches wiederfinden. Doch dabei blieb es nicht. Diese Schatzkiste an Zen-Weisheiten bereitete mir Herzensfreude und so wurde aus einer Geschichte zwei, aus zwei wurden drei...
Nach und nach übersetzte ich das ganze Buch und in mir erwachte der Wunsch, dieses zu veröffentlichen. Vielen Dank an Patrick van den Heede und Dr. Leo Gürtler für die Möglichkeit dazu und die Hilfe bei der Verwirklichung.
Cornelia Lay 2017
Das Gedankengut des Menschen drückt sich in einer doppelten Ursprünglichkeit aus. Teilweise wird es als sehr persönlich erfahren – teilweise als konditioniertes Erbe von zeit- und kulturgebundenen Einflüssen, die den Wert des Inhalts festlegen und bestätigen. Moderner ausgedrückt: Es kann als Gemeinschaftssinn beschrieben werden, inspiriert durch ein „Trendsetting“ eines scheinbar sich stets erneuernden und suchenden Geistes. Der eigentliche Effekt sieht jedoch eher nach einer multidimensionalen, multikulturellen Aufsplitterung von Meinungen und Tendenzen aus, die auf die eine oder andere Weise zu größeren Unterschieden von Werten und Zielsetzungen führen. Größere Toleranz oder auch größere Intoleranz sind die einzigen zwei Möglichkeiten, um das eigene Gedankengut sicher zu stellen. Philosophen sind oft die einzigen „Ideensammler“, die noch in der Lage sind, Ursprung und Vielfalt auf eine „unverbrauchte, originelle“ Art miteinander zu verbinden. Dennoch verbirgt sich in jedem Menschen ein/e “Suchende/r“ nach Ursprünglichkeit. Aber oft hat der Mensch die Methode vergessen, um seinen verirrten Geist zur Einfachheit zurück zu führen.
Der Geist ist wie ein Affe, der von Ast zu Ast springt, sagen die Buddhisten – ungreifbar, solange man ihm folgt oder ihn „verfolgt.“ Erst wer Kontrolle über den eigenen Geist erlangt, kann zur Weisheit gelangen. Dann hat der Affe aufgehört zu springen und die eigentliche Arbeit beginnt. Der andere Weg ist schwierig zu beschreiben: Weisheit scheint wie eine Synthese dieser „geistigen Bocksprünge“. Die Menge an Erfahrungen, zu denen der Geist uns führt, lässt mit der Zeit das Gefühl entstehen, das einzig Ruhe Erlösung bringt. Früher oder später fällt der Affe in den Schlaf und es eröffnet sich die Tiefe des inneren Raumes. Das Buch ist mit der Absicht des klassischen „einfachen“ Meister - Lehrlingsverhältnisses geschrieben und auch absichtlich in kurze Betrachtungen über Themen unterteilt, die mit Lebens-anschauungen zu tun haben. Es ist als Nachttisch-Büchlein gedacht, das dem Leser helfen kann, ruhiger in den Schlaf zu fallen. Auf diese Weise kann Stille auf sie oder ihn einwirken.
Das Buch verfolgt keineswegs die Intention, absolutes Wissen zu verbreiten, obschon es dazu beitragen kann, bestimmte „Affen“ einzufangen. „Wer weiß, wie sein ursprüngliches Gesicht war, bevor er geboren wurde?“ So ist es in einem der bekanntesten Zen-Koan zu lesen. So kann die Reise in die Stille und in die Weisheit beginnen. Stille führt in jedem Fall zu einer „Offenheit“ des Geistes und kann befreiend wirken: „Achtsamkeit“ ist eine konzentrierte Zeit, eine Vertiefung, die neue Wege eröffnet.
Patrick van den Heede 2005